August Greger                           Epilog an den Leser

um 1800                                                         (aus: Sonette bayerischer Dichter)

 

Ein Name rauscht wie hohe Meereswellen

In uferlosem Andrang der Gefühle.

Doch keine Fluth, wie wild sie ihn umspühle,

Kann seines Pharos festen Bau zerschellen.

 

Sein Glanz nur kann den eignen dir erhellen,

Und in der Schlachten rauhem Mordgewühle

Wie auf dem Rosenbeet der Musenspiele;

Allmächtig muß sein Ruf die Nerven schwellen.

 

Was wir gepflanzt in seinen Zauberhallen

Und liebend beut die treue Opferhand:

O nimm es liebend auf mit Wohlgefallen!

 

An seinem Schild hing unser erstes Blicken,

An ihm hangt unser letztes mit Entzücken.

Wer glüht denn nicht für dich, o Vaterland?

 

 

 

 

Fr. Karl August                          An Herrn Hofrath Dr. Bayer

Greger

um 1800                                                         Nur stammeln kann ich, was mein Herz durchglüht,

Und jedes Wort scheint mir zu kalt und schlicht,

Das Deinem Wirken seine Palme spricht,

Da schon genug des Ruhmes Dich umzieht.

 

Wie bist mit Liebe Du und Kraft bemüht,

Das Recht zu panzern in ein siegend Licht!

Du willst – es flieht des Nebels Nachtgezücht.

Du winkst – und zaubervoll das Oede blüht.

 

Sonst schmückt das Schöne kurz nur diese Flur;

Ein Ahnen ist’s, ein Glühen und Verschweben.

Doch Jahre fort währt Deiner Sonne Spur.

 

Denn Du prägst in die Herzen edle Bilder,

Die kühn sich, als des Baues feste Schilder,

Anreihen an des Vaterlandes Leben!

 

 

 

Fr. Karl August                          Blumentöne

Greger

um 1800                                                         Drückt Nebel schon der Herbstflur falbe Wangen;

Ein Frühlingsstern hat sie doch glanzbesäht,

Ein Stern, der Deinem Namen aufgegangen,

Erblühen heißt der Wünsche Blumenbeet.

 

Sieh, Veilchen, Immergrün und Tulpe prangen!

Um Astern kost Levkoie duftumweht.

Der Blumen jede will Dich kranzumfangen,

Erzeugt in Liebe, die von Herzen geht.

 

Hast Du doch selber Tugend Blume,

Zu ew’gem Lenz Dir einst in Sternenauen,

Gepflegt in dieses Lebens Dornensaaten.

 

Ein Priester, fromm in Gottes Heiligthume,

Ein Menschenfreund, gekrönt mit edlen Thaten:

Getrost kannst Du empor zum Himmel schauen!

 

 

 

 

Fr. Karl August                          An Josephine von Krämer

Greger                                           Stammbuchblatt

um 1800

Traum nur ist die Freude, rosenflüchtig;

Hauch nur in des Lenzes Zephyrlied;

Duft, der schläft im Veilchenkelche züchtig,

Zart empfunden, still und zart verglüht.

 

Bleibt das Wort doch ewig fest und richtig:

Lebe schnell! Wie Deine Zeit entflieht,

Wird des Augenblickes Allmacht nichtig,

Der, ein Wandelgeist, die Welt durchzieht.

 

Was so golden glänzt gemeinen Seelen,

Sucht kein edles Herz; denn nur Gemeines

Kann die Gier leichtfert’gen Pöbels wählen.

 

Doch, was Staub ist für gemeine Seelen,

Faßt der Weise sorgsam in Juwelen:

Das nur ist ein Wahres, Schönes, Reines!

 

 

 

 

 

Fr. Karl August                          An Herrn Weishäupel

Greger

um 1800                                                         Mag der starre Formler sich zermühen,

Gleißend mit gelahrter Halbheit leerem Schein

Ohne Wärmekraft bloß Firnißglanz zu sein;

Du bist ein belebend Sonnenglühen.

 

Staaten werden durch Katheder blühen,

Tritt der Satzung Reichssigil und Probestein

Nur durch goldne Brauchbarkeit im Leben ein,

Nicht durch wind’ge Stelzentheorien.

 

Wohl, daß ich in Dir den Mann gefunden,

Der mit Themis heil’gem Schwert den Pfeil zerblitzt,

Den die Bosheit giftig auf die Unschuld spitzt!

 

Wohl, daß Dir, in strengen Richterhallen

An des Koder düstern Ernst gebunden,

Auch die sanften Musen wohlgefallen!

 

 

 

 

Fr. Karl August                          Der Hingeschiedenen

Greger

um 1800                                                         1.

 

Umtrauert mich, ihr sanftgeschweiften Weiden

Am See, der aufgehoben meine Thränen!

Ein volles Herz weilt gern in stillen Scenen,

Gern in der Phantasien Weltgebäuden.

 

Der Wellen zwölf in lichtem Kreis sich dehnen.

Was will liebhold die Kleinste mir bescheiden

Mit diesem Wink, wie lockende Sirenen?

Ach Bild, auch du willst mir das Herz zerschneiden?

 

Sophie, du warst liebhold die kleine Welle,

Die fromm in ihres Sonnenlenzes kürzen

Um unsern Vater zog krystallnen Schimmer.

 

Da flog die Windsbraut her mit Wetterschnelle,

In Todesstrudel Dich hinabzustürzen.

So strömt ein herber Thränensee mir immer!

 

 

2.

 

Auf kleinen Lippen so ein süßes Leben!

Ihr Auge wie des Morgensternes Prunken!

Wie von Karmin und Schnee die Wangen trunken!

Ihr Leib ein Lilienkelch, den Rosen heben!

 

Die zarten Lippen keinen Laut mehr geben.

Das Auge brach in Todesnacht versunken.

Wie wahrer Schnee, starr, ohne Lebensfunken,

Ließ deiner Wangen Paar das Roth entschweben.

 

Die Locke selbst, die blond dein Herz umflogen,

O süßes Kind, hat tief mir in’s Gedächtniß

Dein holdes Bild mit allem Reiz gezogen!

 

Nicht Trost gewährt dieß schmerzliche Vermächtniß;

Doch wird der Liebe Lyra es erschüttern,

Solang die Saiten mir im Herzen zittern!

 

 

3.

 

Wann die Macht mit ihren tausend Sternen

Schlummersäend diese Welt berührt,

Fühl’ ich mächtiger die Leiden kernen,

Die zum Lethe keine Welle führt.

 

Ahnung sagt mir dann: In Flammenfernen

Lebt dein liebes Lämmchen glanzgeziert!

Willst du Sie als Sternbild kennen lernen?

Sieh, ihr Auge glänzt dort aufgespürt.

 

Mond, der hirtlich seine Silberlämmer

Täglich auf die Veilchenauen leitet,

Hat dir solche Lust mein Lamm bereitet?

 

Und er nickt mir zu. Der feine Kenner

Nahm das Lämmchen mir; denn keines frömmer,

So wie meines ist, und keines schöner!

 

 

 

 

Fr. Karl August                          Seliges Verhängniß

Greger                                           an meinem 23. Geburtstage

um 1800

1.

 

Fest hat Urnothwendigkeit gebaut

Der Naturgesetze Machtbestehen,

Die, in starrer Pflicht nie rostumgraut,

Um das Weltall erzne Ringe drehen.

 

Schwacher Staubwurm, der sein Nichts nicht schaut,

Ihr kühntrotzend wolltest du entgehen,

Die, des Freiheitthrones Geisterbraut,

Endlich führt zu reinen Sonnenhöhen?

 

Ob des Lebensflämmchens Jugendfrische

Wieder in des Todes Flut verzische,

Nicht verdampft der Geist in leere Luft!

 

Um der Ewigkeiten Schlangenbogen

Blüht des Lebens helles Grün gezogen,

Das Unsterblichkeit entgegenruft!

 

2.

 

Wann die Sternenpforten einst erschlossen

Mir des Lichtes erste Weihe sprüh’n,

Um mein Haupt in Goldblick kußergossen;

Schwärmt die Seele hoch in Melodien,

 

Wieget sich auf ew’gen Palmensprossen,

Die um ihre Siegesfahnen blüh’n

Während, in der Zeiten Schaum zerflossen,

Meines Staubes Reste grabwärts zieh’n.

 

Gott, du thronend über Sternenzelten,

Mächtig aus zerstörten Schöpfungsmassen

Schafft dein Hauch voll Wunder neue Welten,

 

Die in ew’gem Frühlingschor mir singen:

Was der Erde Fesseln eng umfassen,

Wird zu Freiheitblüthen einst zerspringen!

 

 

 

Fr. Karl August                          Der Geliebten

Greger

um 1800                                                         1.

 

Ich schifft’ umher die Gründe des Geschickes

Auf leckem Kahn in wilden Sturmesnöthen,

Die in Verzehrungsblitzen sich erhöhten

Dem Fährmann nach dem Orient des Glückes.

 

Da tauchte schlank herauf und hohen Blickes

Ein Tempel plötzlich in den Morgenröthen.

Gekost von ew’gem Klang aus goldnen Flöten

Stand da der Pharos, herrlichen Geschmückes.

 

Und ich, der hingeschmachtet im Entzücken,

Durft’ von der Blume, drinnen aufgerichtet,

Den Götterlenz mir der Gefühle pflücken.

 

Das salzbeträufte Ruder ruht beschwichtet.

Ich fühl’s, ich fühl’s: was Ahnung vordeß bleichte,

Flammt sosig jetzt die Trösterin Herzleuchte!

 

 

2.

 

Keinem Mädchen gab ich Eid und Treue!

Allen schlug das warme Sängerherz.

Richten selbst soll Amor’s hohe Weihe,

Ob das Spiel Gefühl, der Scherz ward Schmerz.

 

Lust des Auges aber bringt nicht Reue,

Ist Gemüth und Geist gediegen Erz.

Nippend heil’gen Kuß der Himmelsbläue,

Eilt der Zephyr gerne veilchenwärts.

 

Doch jetzt, wie so anders ist es worden!

Aus liebheißer Mädchen Sonnenorden,

Nur du Eine bist mir Sehnsuchtsquell.

 

Zaub’rin, hast du mir der Treue Oden

Ein in’s Herz geweht, und ach! gar schnell

Reift so liebe Saat im Lavaboden.

 

 

3.

 

Still schwieg sie jetzt in süßer Bange,

Und saß am Fenster wie gebannt.

Ihr Auge sank, sie weinte lange.

Jed Leben außer uns verschwand.

 

Ich fasse leis die liebe Hand,

Und drück’ auf sie die glüh’nde Wange.

Ich spiele mit der Lockenschlange.

Mein Arm den Zitterleib umspannt.

 

Und leis berührt sie meine Hand,

Schaut mir in’s dunkle Feuerauge;

Die Finger drücken unbewußt.

 

Vom Seligsten, ach, übermannt

Hangt fest ihr Mund an meinem Hauche,

Schlägt laut ihr Herz an meiner Brust!

 

 

4.

 

Wie heimlich sind an deiner Brust die Tage,

Du überholdes Leben, mir vergangen!

Weiß ich doch nicht, wie deines Arms Umfangen

Im Herz des Herzens brach so leicht die Klage.

 

Fort zieh’ ich jetzt! Und daß mir Niemand sage:

„Es hält ein ander Bild sein Herz gefangen,“

Laß ich das meine dir zum Pfand, und trage

Bei mir das Deine fest als mein Verlangen.

 

Gemalt ist meine Lieb’ am Himmelsblau.

Wolken vorüber flieh’n; doch in der Tiefe

Blaut es ja fort, rein, treu und ewigfrisch.

 

Selbst wenn, getränkt mit Lethe’s Schlummerthau,

Ein Krampf das Herz umstarrte zauberisch:

Den Dunst zerblitzt der Liebe Hieroglyphe!

 

 

5.

 

Ich ging zu ihr mit bangendem gemüthe,

Wie vor dem Sturme bang, der vom Gewälde

Herbraust, und meiner Hoffnung armen Felde

Zu malmen droht die letzte Perlenblüthe.

 

Ob ich ihr Alles noch und einzig gälte?

Ob ihres Kusses Flamme noch mir glühte?

Hält mich umflossen nur ein Truggemälde,

Und weil’ ich nicht im Liebeslustgebiete?

 

In holder Au, die wir so oft durchgangen,

Brach ich die Blumenprobe ihrer Gluten,

Geröthet von des wunden Herzens Bluten.

 

„Sie trügt. Trügt nicht. Trügt. nicht - - Ach! Lina trügt!“

Ein holder Arm hält glühend mich umfangen,

Ein heißer Kuß: „Pfui! dein Orakel lügt!“

 

 

6.

 

Ich kenn’ ein Herz, das mir in Liebe wallt;

Wenn dieses trüge, Treue wär verkommen.

Aus seiner Klänge heil’gem Dom entnommen

Ist der Akkord, der meinen Geist durchhallt.

 

Ich weiß ein Aug’, dem fromme Glut entstrahlt,

Die am Krystall der Seele tief entglommen.

Von des Gefühles Aethermeer umschwommen,

Wie sein süß Winken meine Wange malt!

 

Ich drück’ eine Hand, aus welcher Myrten grünen,

Die goldne Zweige breiten um mein Leben,

Und Südens Düfte hauchen, himmlischreine.

 

Ich küß’ einen Mund von brennenden Rubinen,

Und denke ewig nur das Einzigeine:

Wie sie so ganz sich eigen mir gegeben!

 

 

7.

 

Mein Mädchen Sternenaug! Die stille Glut

In deinem Blick ist keiner zu vergleichen!

Sie könnte selbst des Chaos Nächte scheuchen,

Gelagert auf des Orkus Nebelflut.

 

Soviel der Seligkeit durchstrotzt mein Blut.

Ja, kühn zum Sternenzelte will ich reichen.

Ich brech’ entzwei des Schützen flammend Zeichen.

Dem Mond selbst reiß’ ich ab den Silberhut.

 

Durch alle Sphärenwetter mich erschwingen,

Bis in des Himmels neunte Halle dringen;

Nicht meine Kraft ist schwach, mein Muth nicht Wahn,

 

Daß unter meinem stolzen Fuß die alten

Demantgewölbe blitzend wiederhallten:

O Jünglingslieb! Du stürmender Titan!

 

 

8.

 

Deines Herzens purpurne Fontäne

Wirft der Güte schimmernden Jewel

Auf zum Himmelskulm, daß überhell

In der Iris Perlenring er brenne.

 

Deine reine Demuth (selbst Selene

Blinkt nicht goldner stillen Strahlenquell)

Ist der Talisman, deß Zauber schnell

Jede Zauberei stört der Sirene.

 

Doch das hohe Meer der Lieblichkeiten

Oeffnet erst dein Geist, vom Urmagnet

Deiner Huld und Anmuth angezogen,

 

Der, als Pharos mit Aurora’s Breiten,

Von Harmonikakrystall umweht,

Leuchtet in der Nächte Noth und Wogen!

 

 

 

 

Fr. Karl August                          Bamberg

Greger

um 1800                                                         1.

 

Wie, hält ein deutsch Florenz mich lustumfangen?

Sind hergezogen aus dem milden Süden

Die Zaubergärten goldner Hesperiden

In tausendfacher Reize vollem Prangen?

 

Der Berge malerische Lächelwangen!

Des Zephyrs Kosen um Gedüft und Blüthen!

Die Nachtigall in nahen Haines Frieden!

Des sanften Himmels blaues Ueberhangen!

 

Der berggetragne Dom mit hehren Hallen,

Der majestätisch streckt vier graue Riesen,

Lustwirbelnd mit der eh’rnen Zungen Schallen!

 

O Stadt Skt. Heinrich’s und von Kunigunden,

Die Stunde bleibt mir immerdar gepriesen,

Wo ich in dir solch Paradies gefunden!

 

 

2. Die Altenburg

 

Wo bin ich denn? Kannst du noch höher steigen,

O Wonnerausch, herwogend meinen Blicken?

Will Zauber, mich auf einmal zu berücken,

Ein überirdisch Feenreich mir zeigen?

 

Hehr pranget in der Ebne tiefem Neigen

Die Stadt herauf mit Thürmen, Tempeln, Brücken.

Seehof, Giech, Banz, Main, Regnitz – welch Entzücken

Umkreist die Sinne mir in buntem Reigen!

 

Fort, fort von hier! Nicht könnt’ ich widerstehen,

Wenn mich auf solchen Salem’s Tempelzinnen

Versuchend Satan strebte zu gewinnen!

 

Doch nein! Ich bleib’ auf diesen Gotteshöhen!

Zum Leben, wie zum Sterben ist zu schauen

Kein schönrer Sitz in Bayerns schönen Gauen!

 

 

 

Fr. Karl August                          Auf Wittelsbach

Greger

um 1800                                                         In Tethys Schooß entsank der Tag, und leise

                                                                            Schwebt Mitternacht um Wittelsbach’s Ruinen.

Da zittert auf, von Mondeslicht beschienen,

Ein Heldenchor in wundersamer Weise.

 

Vorwandelnd zu des Schlosses Felstribünen,

Umschaut er liebbekannte Länderkreise,

Und ob dem Burggetrümmer sieht zum Preise

Er eine Königstadt unsterblich grünen.

 

Auf ihren Zinnen steht ein Herrscher sinnend.

Ein sanfter Zephyr weht sein süßes Spiel

Hin durch die Welten, Welten ihm gewinnend.

 

Der Chor dem Sange lauscht mit Wonngefühl;

Dem Heldenenkel winkt er freudig zu,

Und kehret wieder heim zur Geisterruh’!

 

 

 

 

Fr. Karl August                          Steinern Herz

Greger

um 1800                                                         1.

 

Es steht ein Fels im grauen Donaubette,

Das Schauerhaupt vom Nebelring bezogen,

Umrauscht den Schlangenleib wie Wetterwogen,

Von Schaum beperlt des Busens Schwanenglätte.

 

O Stern-, o Sonnenlieb’! Welch Röslein hätte

Dein Kuß so hold, wie Selma, aufgesogen?

Nordschnee ist Hals, Aug ist Narzissenbogen,

Rubin der Mund, das Haar Goldopferstätte.

 

Was Wunder, daß, wo Schönheit thront, die Liebe,

Wie Nachtigallen unter Rosen, waltet

Mit süßer Sehnsucht vollen Pulsesschlägen?

 

So liebte Selma heiß im Lilientriebe

Ywein, des Skalden Ton, den kühnen Degen.

Da hat sich dreifach Leid aus Lieb’ entfaltet!

 

2.

 

Gern weilt die Lieb’ in göttlicher Entzückung,

Und wählt sich Blumenheere zu Begleitern;

Doch wenn die süßen Hoffnungen dann scheitern,

Zürnt mächtig auch das Herz der Trauerschickung.

 

Nicht mochte je den Bruder Selma’s heitern,

Den finstern Recken, liebende Beglückung;

Drum stellt’ er sich zu Ywein’s Gegenstreitern,

Und Ywein sank von seines Schwertes Zückung.

 

Durchglüht von Lieb’, in Zornes Flammenmischung

Greift Selma des gefallnen Schwertes Weilen,

Und trifft des Bruders stahlentwehrte Stätte.

 

Und da nach solchem Leid ihr nichts Erfrischung,

Kann auch das Wasser ihren Schmerz nicht theilen

Der Fels ist Fels im grauen Donaubette!

 

 

 

Fr. Karl August                          Agnes Bernauerin

Greger

um 1800                                                         Zwei Nachtigallen singen aus dichtverschlungnem Laub:

Mein Herzog, edler Albert, es jammert deine Braut!

Den Liebekranken pochen die dunklen Töne laut;

Ihn trägt der schnellste Rappe durch Waldesnacht und Staub.

 

Schon ist der Morgen kommen, gar trüb und freudentaub,

Ein einzig Rosenwölklein auf Albert niederschaut.

Zwei Nachtigallen klagen um einer Perle Raub,

Die läge kalt begraben, der Donau angetraut.

 

Der edle Herzog jammert: O, welch ein schlimmer Traum!

Aufbäumt der stolze Rappe, beperlt von Milchesschaum;

Und durch die Weiten luftig zum Thale fliegt er hin.

 

Und als er auf der Brücke zu den Straubingen erschien,

Lag Agnes todt am Strande, umringt vom Henkertroß.

Da sank der kühne Herzog herab von schwarzem Roß!

 

 

 

 

Fr. Karl August                          Aus: „Stadtaufruhr.“

Greger

um 1800

Du überstrahlst mit seligem Begagen,

Charlott’, o hohe Ceder! Aug’ und Ohr.

Bethaut von deiner Anmuth Silberflor,

Vermag der Mund nicht Ruhm genug zu sagen.

 

Vor dir, du Königin der Stolzen, zagen

Des Nordland’s Schnee, des Maien Blüthenchor!

Die deine Wange glühend hebt empor,

Die Rosen sieht man zwischen Pfirs’chen ragen.

 

Durch des Rubinenmundes Siegelring

Heroldest du im Reiche der Empfindung

Dich Botin liebenswürdiger Gedanken.

 

Ein Blitz des Auges schmelzt des Eises Bindung.

Mit Eros möcht’ ich eifersüchtig zanken,

Der sich im Zauber deiner Locken fing!

 

 

 

 

Fr. Karl August                          Aus: „Schatten auf Bergen“

Greger

um 1800

6.

 

Gesegnet war der Tag nicht dieses Jahres,

Da, Hanni, du vom Jachenauerthale

Zur Alme fuhrst mit lautem Glockenhalle;

Ich weiß es gut noch, glühender Juli war es.

 

Mich blendete so etwas Wunderbares,

Als ob das Licht von tausend Käfern strahle.

Mir zitterte schwankend die Milch in der Schale.

Mich fesselte die Seide deines Haares.

 

Dem Siebe gleich, wenn es die Mutter schüttelt,

ward mir von fremder Hand das Herz gerüttelt.

Ich stand erschrocken da und außer mir.

 

Und als mein Aug gar blöde aufwärts sah,

Und mich das deine traf, vermeint’ ich schier,

Das Herz zerstochen hab’ ein Horniß da!

 

 

 

 

Fr. Karl August                          Aus: „Ahnenbilder“

Greger                                           Der Held im Küraß vor der Dame knieend

um 1800

(Nach Originalen im Saale des Freiherrn von H. zu G. kopirt.)

 

Weiß nicht, mir ist um’s Herz so wunderlich.

So weich schmolz nie an mir des Panzers Härte.

Wie, alter Schnurrbart Mars, wie, bin denn ich

Dir noch das rauhe Schwert, das mordbewährte?

 

Wie würgend in der Schlacht ich Wölfen glich,

Dein zugeschworner Knecht, der blutgenährte;

So füht’ ich jetzt total das Umgekehrte,

Da mir Prinz Amor in den Busen schlich.

 

Mag lauter der Kanone Hagelbauch

Dir wilde Henkerohrenlust erbrummen,

Kartätschensaat voll Wuth rings ausspeiteufelnd;

 

Ein Ton macht süßer dein Gelärm verstummen,

Ein Ton, so sanft und ohne Höllenrauch,

Und aus dem Rosenmund nur Honig träufelnd!

 

 

 

Fr. Karl August                          Exapotheose des Sonettes

Greger

um 1800                                                         1.

 

Des Geistes Schwingen hebe freier Drang

Leicht, kühn empor. Ihr Fesseln der Gedanken,

Hinweg mit euch! Das Herz kennt keine Schranken,

Die Seele stirbt bei widerlichem Zwang.

 

Nur Kinder regelt man in engem Gang.

Der Mann tritt fest und fessellos. Es wanken

Des Denkers Urgesetze, wo Gedanken

Zu knebeln strebt ein toller Klingsingsang.

 

Auch dich, der nirgend schadet, mein Gesang,

Entweihe nimmer mir der Sklavengang:

In Reih’ und Gliedern nicht sollst du erkranken.

 

Empor zum Sonnenaar aus Erdenschranken!

Und willst du lieber dich auf Blumen wiegen,

Dann magst, ein freier Schmetterling, mir fliegen!

 

 

2.

 

Rechts und links zerpeitscht von Spitzruthstreichen,

Vor- und rückwärts angespießt vom Bajonnet

Tropft der mordzersetzte Versheld im Sonett,

Voll von blutgestriemten Ehrenzeichen.

 

Vierzehn Zoll an Länge zu erschleichen,

Wird der Geist recht ausgespannt auf’s Folterbrett.

Ha, jetzt, jetzt! Schon groß genug für dies Quartett

Ist der Geist; das Brett will nimmer reichen!

 

Daß jedoch der Geist ganz seine vierzehn Zoll

Richtig auch nach aller Kunst wird groß und voll,

Spann ihn noch einmal aus um andre drei dazu.

 

Unten braucht er zur Erlösung nur noch zwei.

Oben ist schon recht die ganze Messerei.

Gar ist’s. Ach, nun hat der arme Geist doch Ruh’!